Bernhard Springer

In der Ausstellung präsentiere ich mit den VOODOO-DADA-Objekten einen Nebenweg meines künstlerischen Schaffens, etwas, was sonst ungern gezeigt oder wenig Beachtung findet. Die Künstler haben Angst, zu viel von ihren Geheimnissen zu verraten oder für die Nebenwege nicht die gleiche Anerkennung zu erlangen. Die Galeristen und der Kunstmarkt mögen nicht die Abarten ihrer Künstler. Ist der Künstler jung, heißt es: Er hat seinen Stil noch nicht gefunden. Ist der Künstler etabliert, heißt es: Man wolle die Sammler und Käufer nicht verunsichern.
Nicht gern gesehen und kaum beachtet werden die Nebenwege eher dem Privaten zugerechnet und verschwinden im Persönlichen. Pablo Picasso wurde als Maler verehrt, der nebenbei auch töpferte. Von Giorgio de Chrico wird nur die kurze Schaffensperiode überliefert, die unter dem Namen „Pittura metafisica“ bekannt ist, und Francis Picabia wurde als bunter Hund gescholten, weil er seine Stile öfters wechselte, als die Kritiker ihre Stifte.
Dabei sind Nebenwege als Terrain und Freiraum des Experimentierens wichtig. Die Resultate gehen dann nicht selten als Anregungen und Innovationen in den „Mainstream“ des Schaffens ein. Im vorliegenden Fall haben die Masken Einzug in die Tafelbilder gefunden und ihnen mit der Werkreihe GHOSTS eine neue Richtung gegeben.


VOODOO-DADA Plastic Objekte

VOODOO-DADA ist die Produktion von Artefakten aus Fundstücken, aufgelesen auf der ganzen Welt, vornehmlich aus Holz und Plastikabfällen, angespült an den Stränden von Gambia, Ghana, Costa Rica oder der Maremma, an den Inseln von Belize, Java, Lombok, Gili Gede, über Cres bis Dugi Otok, aufgelesen in den Regenwäldern von Guatemala, Venezuela oder Mexiko, in den Straßen von Jakarta, Puerto Ayacucho oder Accra. Bei der Rückkehr am heimatlichen Flughafen schwang immer das Unbehagen mit, dass der Zoll statt auf die gesuchten Drogen auf den mitgebrachten Plastikmüll stieße und mich gleich nach Haar weiter reichen könnte.
Daraus sind Plastikobjekte entstanden, kleine Schätze wie Reliquien, Talismane, Idole ...


wie alles begann...Als ich 1988 mit den Plastic-Objekten begann, geschah es aus einer Notlage heraus: Für ein Jahr hatte ich zwangsweise kein Atelier mehr, sondern nur eine 6 m2 große Kammer zur Verfügung. Und eigentlich begann ich auch mit kleinen Masken und Köpfen aus Ton. Doch schnell kamen Fundstücke hinzu, am Anfang eher organischer Natur wie altes Holz oder aufgelesene Federn. Aber schnell entdeckte ich auch den Reiz von verwitterten Plastikstücken und dergleichen und taufte die Objekte und Reihe VOODOO-DADA.


VOODOO DADA Gartenzwerge
Wir haben steinerne Fratzen in Indonesien gesehen, die am Eingang böse Geister am Betreten des Hauses hindern sollten, Nagelfetische in Westafrika, X-Ray-Felsenzeichnungen der Aborigines im Northern Territory von Australien, Maya-Steinreliefs in Palenque und Tikal, Petroglyphs der Anasazi und Sandmalereien der Navajos im Südwesten der USA. Bei der Rückkehr gab es dann jedes Mal einen Kulturschock, aus diversen Gründen, aber plötzlich auch einen neuen Blick auf eigene kulturelle Traditionen wie z.B. den Tanz der Perchten. So beschlich mich im selben Zusammenhang beim Anblick der deutschen Gartenzwerge der Verdacht, dass mich hier eine säkularisierte Variante jener Idole, Fetische, Schutzgeister und animistischen Wächter angrinste, denen ich auf unseren Reisen durch die Welt begegnet war. Ich beschloss, ihnen - mit meinen bei dem Seitenzweig der Plastic-Objekten VOODOO-DADA erprobten Stilmitteln - etwas von ihrem verlorenen magischen Charakter zurück zu geben.


Masken
Masken funktionieren nach dem Prinzip „another world behind“.
Das galt auch schon für meine frühere Bilderarbeit. Auf den ungrundierten und besprayten Leinwänden schimmerten immer wieder schwarze Löcher durch - neben den besprühten und gerollten Farbflächen, wie eine zweite Schicht von Realität.

Manche Wissenschaftler suchen in Viren nach versteckten Botschaften intelligenter Wesen aus dem Weltall. Ich dagegen vergrößere uns allen bekannte Bilder wie die uns umgebenden Pressefotos, um zwischen den Pixeln komplette verborgene Universen zu finden.


Bedeutungszuordnung - Mimesis
Das Fundstück wird für das eingesetzt, an dass seine Form erinnert. Der an den Strand angespülte Plastikkanister für Motoröl wird so montiert, dass seine Ähnlichkeit mit einem Gesicht erkennbar ist. Wenn er teilweise mit Farbe oder Modelliermasse behandelt wird und zwar so, dass nicht seine Gestalt verändert, sondern nur seine Oberfläche anders als ursprünglich (=Plastikkanister) behandelt wird, so verstärkt das die Beziehung zu der geistigen Vorstellung von dem Referenten. Diese Zuordnung funktioniert über den Umweg, weil die Textur eine Verbindung zum Signifikat herstellt:

„Plastikkanister“ ? Form ähnelt ? menschliches Gesicht
=
mit artifizieller ?
weil veränderter
Oberflächentextur ? = Idee von = ? lebendiges Wesen / Mensch

Erst über diesen indirekten Weg wird wieder so etwas wie „Mimesis“ im Sinne von Auerbach1 hergestellt, wobei das Kunstwerk (Signifikant) nicht nach der Realität (Referent) modelliert wird, sondern das Readymade so gestaltet wird, dass es der Vorstellung (Signifikat) von dem realen Gegenstand (Referent) vergleichbar wird.

 

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